Liebe handballbegeisterte Voerder,
wir haben diese Woche mit unserem neuen Cheftrainer Hans-Peter „HaPe“ Müller gesprochen. HaPe ist seit diesem Monat Trainer der ersten Herrenmannschaft und durfte bereits erste Eindrücke von und mit den Jungs sammeln.
Folgend das Interview zum Nachlesen:
? Hallo HaPe, erstmal herzlich Willkommen bei deinem neuen/alten Verein.
Wie kam es zu deiner zweiten Amtszeit beim Verein?
„Hallo zusammen! Mein Vertrag bei den SGSH Dragons lief nach der Saison 2019/2020 aus und gleichzeitig sprach mich mein langjähriger Wegbegleiter und Freund Werner Tweer an, ob ich mir eine Zusammenarbeit mit der TG Voerde vorstellen könnte. Da mir die Fahrten in der 3. Bundesliga jetzt allmählich ein bisschen weit erschienen und ich – das war mein primärer Beweggrund – das Projekt Voerde als sehr interessant ansehe, brauchte ich nicht lange überlegen. Ich glaube, dass hier – wenn man es richtig anpackt – ein enormes Potenzial liegt, welches man nur herauskitzeln muss. Darüber hinaus möchte ich dem Verein im Wiederaufbau der Jugendarbeit helfen. Dabei wir wollen den Kontakt zu den Kitas und Schulen forcieren.
? Besonders stolz ist der Verein auf seine Heimspieltage. Waren eine volle Halle und die besondere Stimmung am Reichenbach Gymnasium auch ein Faktor für deine Rückkehr?
„Auf jeden Fall! Ich habe gehört und in einigen Spielen konnte ich mich auch live davon überzeugen, dass die Mannschaft von den Zuschauern richtig getragen wird. Beispielsweise in den Spielen gegen Hohenlimburg oder Villigst waren jeweils ca. 300 Leute in der Halle, die für eine tolle Stimmung sorgten.“
? Die erste Mannschaft besteht aus vielen jungen Spielern, der Altersdurchschnitt liegt bei ca. 22 Jahren. Siehst du darin ein Problem?
„Nein, auf gar keinen Fall. Hier liegt das oben angesprochene Potenzial der Mannschaft. Diese 22-Jährigen haben auf einer Leistungsskala von 1 – 10 vielleicht Stufe 5 erreicht. Jetzt ist es meine Aufgabe die Spieler auf die nächst höheren Ebenen zu führen. Jeder kann sich ausmalen, was daraus entstehen könnte. Wir haben aber auch die richtige Mischung. Mit Fabian Riebeling und Dave Doessler – ich hoffe, ich habe niemanden vergessen – haben wir zwei erfahrene Spieler an Bord, die die Rookies lenken können.“
? Du durftest die Mannschaft im letzten Jahr bereits des Öfteren beobachten. Was hat dir besonders gefallen bzw. wo hast du bereits Verbesserungspotenzial gesehen?
„Speziell in der Abwehr hat die Mannschaft in den letzten Spielen entsprechende Fortschritte gemacht. Zu Beginn des Jahres haben die Jungs etwa 31 Gegentore pro Spiel kassiert. Das ist zu viel, damit kann man kaum ein Handballspiel gewinnen. In den letzten Spielen konnte man die Gegentreffer auf etwa 24 senken. Hier steigt die Gewinnchance sofort und das hat die Truppe bewiesen, indem man in den letzten Spielen vor dem Corona-Abbruch in sechs Spielen ohne Punktverlust blieb. Was ich damit sagen will ist, um erfolgreich angreifen zu können, brauche ich auch Talent. Um erfolgreich in der Abwehr zu sein, brauche ich primär einen unabdingbaren Willen. Den werden wir fördern und eine Abwehr hinlegen, die auf Ballgewinn aus ist.“
? Der erste Kontakt zur Mannschaft hat bereits stattgefunden. Wie aufwändig gestaltet sich die Kommunikation aufgrund der aktuellen Lage?
„Die Situation ist für alle Sportler neu und gerade für uns, die einen Kontaktsport ausüben, besonders schwierig zu händeln. Die ersten Kontakte fanden nur virtuell statt, über Videokonferenzen haben wir gewisse Themen besprochen. Hier fehlte natürlich der persönliche Kontakt, der für das Entstehen einer neuen Gemeinschaft sehr wichtig ist.
Die Spieler haben ihre individuellen Trainingspläne bekommen und diese sehr gut abgearbeitet. In der ersten Juniwoche haben wir nur draußen in Kleingruppen im athletischen Bereich gearbeitet. Jetzt in der kommenden Woche machen wir die ersten Gehversuche in der Sporthalle unter strengen Hygienevorschriften. Vor allen Dingen bei den ersten Wurfversuchen müssen die Spieler sehr vorsichtig sein, denn das Schultergelenk aller Handballer ist wahrscheinlich seit März nicht mehr mit einem Wurfversuch beansprucht worden.“
? Wir hoffen, dass die Saison wie gewohnt mit Zuschauern stattfinden kann. Wie realistisch siehst du einen Saisonstart im September?
„Diese Frage ist sehr schwer zu beantworten. Ob die Saison mit Zuschauern oder begrenzter Zuschauerzahl beginnt, weiß keiner. Es gibt beim Handballverband mehrere Szenarien, was den Saisonstart betrifft. Darüber hinaus gibt es mehrere Vorschläge zu den Gruppeneinteilungen. Aber wir sind alle von den Entscheidungen der Politik abhängig. Für uns gilt alle, dass die Gesundheit an erster Stelle steht.“
? Kommen wir zur neuen Saison.
Was ist dein Ziel für die neue Serie mit dem Team?
„An erster Stelle steht die Weiterentwicklung der Spieler. Wir wissen, dass wir einen sehr jungen Kader haben, der auch Zeit braucht. Natürlich wollen wir unseren Fans einen attraktiven Handball bieten, damit noch mehr Zuschauer in die Halle kommen.“
? Mit Jan Roskosch und Dhani Wernscheid hat der Verein bereits zwei Neuzugänge präsentiert, mit Lennart Roszka kommt ein junges Talent aus der zweiten Mannschaft hinzu. Ist die Kaderplanung damit abgeschlossen und was erhoffst du dir von den Neuen?
„Ja, damit ist die gewollte Planung abgeschlossen. Natürlich werden wir nicht nein sagen, wenn ein 200 cm großer Linkshänder in die Halle kommt und bei uns in Voerde spielen will, weil ihm die Atmosphäre in Ennepetal so gut gefällt.
Mit Jan Roskosch habe ich schon in Hagen zusammengearbeitet. Schon damals gehörte er zum Zweitligakader der Eintracht. Aus Studiengründen konnte Jan in der letzten Zeit nicht so viel trainieren, wie es in höheren Klassen eben Voraussetzung ist. Jetzt haben sich unsere Wege wieder gekreuzt. Jan passt absolut zu unserer Spielphilosophie – er ist pfeilschnell. Er hat ein sehr gutes Auge für seine Mitspieler, ist technisch hervorragend ausgebildet und zeigt ein überragendes 1:1-Verhalten. Ein Vranjes-Typ, der mit Fabian Riebeling zusammen auf der RM-Position spielen wird.
Dhani Wernscheid kommt aus Schwelm, wohnt in Ennepetal und hat in Schwelm häufiger in der Verbandsligatruppe gestanden.
Lennart Roszka war bisher der MHWP (most hard-working player) in der Vorbereitung. Er hat den Willen sich durchzusetzen. Ich könnte mir vorstellen, dass er ein richtiger Fels in unserer Abwehr werden kann.“
? Deine letzten Stationen waren bei Eintracht Hagen und den SGSH Dragons. Welche Erfahrungen haben dich am meisten geprägt und was kannst du auf die Voerder Mannschaft ummünzen?
„Ja, die letzten sechs Jahre bei der Eintracht und bei den Dragons – also im höherklassigen Bereich – haben mir in meiner ‘Trainerlaufbahn‘ noch einmal wichtige und neue Impulse gegeben.
An erster Stelle möchte ich dabei das Beispiel aus der 2. Bundesliga mit der Eintracht nennen.
Hier hatte man es überwiegend mit Vollprofis im Trainerbereich zu tun. Die Kollegialität stand dabei ganz oben auf der Liste. Nach dem Spiel fand ein regelmäßiger Informationsaustausch über das Spiel oder über zukünftige Gegner statt. Hier hat kein Kollege Informationen zurückgehalten. Teilweise ging man anschließend mit den Trainerkollegen noch essen. Man hat Videos ausgetauscht oder gemeinsame Trainingseinheiten abgehalten, so dass die eine Mannschaft angriffstaktische und die andere Mannschaft abwehrtaktische Elemente einüben konnte. Das hat mir viel gebracht.
Die Gespräche gingen auch tiefer in die Materie, wie z.B.: Wie regeneriert ihr nach einem Doppelspieltag (Freitag und Sonntag)?, Wie sieht euer Jugend- bzw. Athletikkonzept aus? oder Welchen Stellenwert nimmt bei euch das Einzel- Kleingruppentraining ein?
Durch diesen Austausch mit den Profikollegen habe ich trotz meines Alters noch viel gelernt und möchte diese Erfahrungen und etwas von diesen innovativen Ideen an die noch junge Voerder Mannschaft weitergeben.“
? Vielen Dank für das Interview und weiterhin ganz viel Gesundheit.
Wir freuen uns auf dich und die neue Saison. ?